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AutorenbildPiet Könnicke

Mein erstes Mal

Sportfuzzis konnte ich noch nie leiden. Jetzt habe ich sogar einen Trainer!


Sie wissen es längst: Ich habe einen Trainer. So, jetzt ist es raus. Trainer. TRAINER!! Ahhh, es perlt so herrlich über die Zunge. Ich hatte ja noch nie einen, es ist für mich das erste Mal. Und nie hätte ich gedacht, dass es mal so weit kommen würde. Ich dachte immer, nur die richtig Guten und furchtbar Erfolgreichen haben so was. Und doch nicht fürs Laufen, also bitte, wozu hat uns der liebe Gott zwei Beine und Knie gegeben, wenn nicht dazu? Das wird ja wohl noch ohne professionelle Betreuung gehen.

Und dann taten entweder die Füße weh, obwohl ich super Fachgeschäftslaufschuhe trug, oder es muckten die Knie und immer konnte der Orthopäde nichts finden. Piet amüsierte sich. Sagte, Quatsch, weitermachen, bot aber an, sich „das“ mal anzugucken.

Ich schlief schlecht in der Nacht davor, weil ich ahnte, was kommen würde. Dass „das“ eine Katastrophe werden würde. Vor allem hatte diese Inspektion meiner Meinung nach wenig mit Laufen zu tun. Das verwirrte mich. Stattdessen schaute sich der Mann das komplette Gerüst an. Das, was ich meinte, mit Hilfe meiner Beinchen durch den Wald schleppen zu müssen: ein Oberkörper, der vor allem mit vornehmer Zurückhaltung und Passivität glänzte.


Strichmännchen. Meine Hausaufgabe.


Das muss ja auf die Knie gehen, sagte Piet. Dann sollte ich einige Übungen machen, bei denen schon die Ausgangsstellung anstrengend war. Schließlich malte er mir ein Übungsblatt voller Strichmännchen, Pfeile und Zahlen. Meine Hausaufgabe. Die Männchen, bildete ich mir ein, lächelten sogar ein bisschen.

So kam es, dass ich einen Trainer bekam. Wir führen jetzt eine coronakonforme Fernbeziehung, bei der die Wirkung des Trainers vor allem darin besteht, dass er allein durch seine Anwesenheit in meinem Kopf regelmäßig mein schlechtes Gewissen befeuert. Aber auch das ist sehr wertvoll.

Eine Nebenwirkung besteht darin, dass ich was gegen mein Trainertrauma tu. Sportlehrer konnte ich noch nie leiden, ich fragte mich immer, wozu man eigentlich studieren muss, wenn man doch nur Ballnetze durch die Gegend schleppt. Der Frühsportfuzzi im Ferienlager war nicht besser. Zehn Minuten Hampelmann, während hinter der Düne das Meer rauschte, eine Qual.


Weil ich es will


Jetzt habe ich die Wahl, ob oder ob nicht. Du musst gar nichts, sage ich mir jeden Morgen, auch wenn der Trainer im Hinterkopf noch so freundlich mit dem Übungsblättchen wedelt. Und dann – mache ich vielleicht doch was. Weil ICH es will. Funktioniert ganz gut.

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